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Der Künstler interviewt sich selbst
Anfänge --- was fand ich vor?
Als ich studierte, war die Zerstörung und Verstörung durch Diktatur und 2. Weltkrieg zeitlich noch nahe. So herrschte Planlosigkeit, ein Irgendwie, Bezugslosigkeit oder einfach nur ein Weitermachen in der Akademie vor. Herbert Böckl, in seinem Abendakt geheimnisvolle Sprüche von sich gebend, ragte da heraus. Immerhin gab es den "Morphologie der Bildenden Kunst" lehrenden Heimo Kuchling als Geheimtipp für manche von uns. Er bestand auf der Kontinuität des Strebens in alter und moderner Kunst. Manche Namen und Werke von Künstlern des 20 Jhdts. Lernten wir durch ihn kennen. Der Bildhauer Fritz Wotruba brachte ihn in die Akademie und unterstütze ihn.
Von Kuchling lernten wir, dass Kunst eine lange, Ehrfurcht gebietende Geschichte durch Jahrtausende hat. Es gibt in ihr Formbeziehungen und -spannungen, die universelle, zeitlose Gültigkeit haben. Auch, dass Kubismus und Expressionismus in Beziehung oder Kontrast zu Früherem stehen und nicht aus dem Nichts kamen. Diese Richtungen standen mir am nächsten.
Wo ansetzen?
Fast alle erfasste ein innerer Konflikt: Gibt es überhaupt etwas zum Anhalten ? Was ist zu finden im geistigen Trümmerfeld? Etwa 1960 meinten manche meiner Künstlerfreunde : alles ist in Frage zu stellen, ja zu negieren. Tabula Rasa. Aktionismus. Mein Menschenbild ist anders.
Wo stehe ich da?
Natürlich lebe ich in unserer Zeit mit all ihren inneren und äußeren Spannungen, will und kann mich nicht aus ihr fortstehlen. Ganz gewöhnlich, mit allem was dazugehört in der Existenz, stehe ich da, raufe ich mich herum und kann nur hoffen, Solidarität zu entwickeln. Diesen banalen Alltag muss ich wie alle bewältigen. Dieses eine Leben auf der Welt aber möge Würde und Festlichkeit für alle haben.
Was kann Kunst, was kann Ich speziell tun?
Das tiefe Verlangen nach dem Einen, nicht Zerrissenen ist uns eigen, denke ich.
Die oft grausame, brüchige, brutele Welt gibt es auch. Die Kunst stemmt sich dagegen, durch Anprangern oder durch Sehen lernen. Ich entscheide mich für das Zweite -- das Sehen zu lernen. Dabei wird oft der Schutzlose, irgendwie Ausgesetzte sichtbar.
Konkret?
Malerei, auf einer (nicht riesigen) Bildfläche in ihren Grenzen ist für mich heute noch aussagefähig und hat noch lange nicht alles ausgeschöpft, ja setzt wieder auf Anfängen an.
Sie braucht für mich ein Gegenüber, das vor mir erscheint. Was ich sehe, wen ich sehe, ist mein "Gegenstand". Erst aus ihm kann abstrahiert werden, kann Form entstehen, menschliche Wirklichkeit im Bild. Die graue " Gewöhnlichkeit der Stadt" ist nur anscheinend gewöhnlich. Sie ist ja Raum für Menschen. Für mich, nicht nur für mich, hat sie Leben und Farbe. Und die Natur, Bäume und Wald gibt's auch, selbst in der Stadt.
Noch konkreter --- was tue ich, wie gehe ich heran?
Schnelle, kleine Skizzen in öffentlichen Verkehrsmittel, im Park, auf Straßen und Plätzen, am Donaukanal, um Menschen dort zu erfassen. Anonym nur für mich; für ihre Umgebung haben sie Namen und Schicksal. Klar meist solche, denen etzwas ins Gesicht geschrieben stand oder etwas an ihrer Bewegung und Haltung anzumerken war, was mich interessierte. Oft Leidende, Gespannte, Gedrückte. Klarere, größere Zeichnungen entstanden von mir nahen Menschen, aber nie beim Portrait Sitzen, das ich nicht mag. In der Stadt Gassen, Plätze, Ufer, Gegenüber, Fenster, auch Bäume, Natur zeichnen und Stimmungen erfassen, ist mir sehr wichtig.
Weiter?
Das wird Grundlage für Aquarelle, oft in Reihen gemalt bis zur Klärung, was mich eigentlich bewegte und welche Farbe, Form , Raumführung ich dem geben muss. Daraus können Bilder werden in einem weiteren, oft langen, ja zähen Umsetzungsprozess in mehreren Stufen, immer in sinnlicher Rückfrage an den unbewussten Impuls. Da gibt es kein Rezept des Vorgehens. Nur das Bild selbst kann es "aussprechen", ob es Eindeutigkeit erlangt oder ob es etwas vage bleibt.
Mein Risiko?
Dieses Risiko bleibt spannend. Daran messe ich meinen Wahrheits- und Wirklichkeitsgehalt. Meine Frau hilft mir prüfen und erspart mir da nichts. Es giobt so etwas wie Befangenheit gleich nach der "Tat". Das wissen wir beide. Wenn ein Bild nicht kalt lässt, das Gewollte ausspricht, so teilt sich das mit. Wenn es dann Nichts in mir oder ihr anrührt, dann hat alle Formsuche nichts genützt. So kann mir und -- denke ich -- auch anderen, die es sehen, ein Wirklichkeitsbezug entstehen. Da ist das Bild, und ich bin drinnen mit allem Bewussten und Unbewussten . Wenn das aufleuchtet und Gesehenes erst sehen macht, gelang es mir, hat Licht in Farbe und Raumspannung eine Art Schönheit. Das wünsche ich mir zu erreichen und mitzuteilen.
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